Ötzi und der Latscher Menhir // Ötzi and the Laces menhir

Wer ist Ötzi? // Who is Ötzi?

Ötzi – der Mann aus dem Eis – ist eine der ältesten noch erhaltene Mumie der Welt. Im September 1991 fand das Ehepaar Simon bei einer Gletscherwanderung am Tisenjoch in den Ötztaler Alpen die Leiche des Mannes, welche das Eis gerade in diesen Tagen freigegeben hatte. Das Tisenjoch befindet sich Luftlinie nur 16 km entfernt von Latsch und der Fundstelle des Menhirs. Bald stellte sich heraus, dass es sich bei dem Toten um eine über 5000 Jahre alte Mumie aus der Kupferzeit handelte. Zeitgleiche Funde aus Ausgrabungen gibt es viele, auch Knochenreste von Menschen. Was aber an diesem Fund so sensationell ist, sind die vielen organischen Überreste, die durch das Eis konserviert wurden und die normalerweise sehr schnell zerfallen. Neben dem Körper selbst geben Ötzis Bekleidung und seine vielen Gegenstände und Werkzeuge einen spannenden Einblick in die Vergangenheit. Heute weiß man, dass Ötzi zwischen 3350 und 3100 v. Chr. gelebt hat. Die Mumie ist mitsamt seiner Kleidung und Ausrüstung im Archäologiemuseum in Bozen ausgestellt und kann dort besichtigt werden.

Ötzi the Iceman is the oldest preserved mummy of the world. In September 1991, the Simon couple found Ötzi’s corpse, which had just been released by the ice in those days, during a glacier hike at Giogo di Tisa in the Ötztal Alps. Giogo di Tisa is situated at only a 16 km linear distance away from Laces and the site of the find of the Laces menhir. It soon became clear that the corpse was a more than 5,000-year old mummy from the Copper Age. There are many finds from excavations dating back to the Copper Age, including skeletal remains of humans. But this find was so sensational because of the many organic remains that normally decompose very fast and had been preserved in the ice. In addition to Ötzi’s body, his clothing and the many objects and artifacts provide an exciting insight into the past. Today we know that Ötzi lived between 3,350 and 3,100 BC. The mummy is exhibited in the South Tyrol Museum of Archaeology in Bolzano together with his clothing and equipment and can be visited there.


Ötzi, der Mann aus dem Eis // Ötzi, the Iceman
Ötzi, der Mann aus dem Eis // Ötzi, the Iceman

 


Stammte Ötzi aus Latsch? // Was Ötzi from Laces?

Der Weg übers Tisenjoch verbindet die Täler südlich und nördlich des Alpenhauptkammes. Ötzi kann den Pass nur entweder von Norden oder von Süden erstiegen haben. Aus den pflanzlichen Materialien der Gegenstände und Werkzeuge, die Ötzi bei sich trug, sowie aus den Überresten seines Mageninhaltes, wird schnell klar, dass er südlich des Alpenhauptkammes lebte. So wächst zum Beispiel die Kornelkirsche, aus deren Holz die Pfeile gemacht sind, sehr viel häufiger südlich als nördlich des Alpenhauptkammes. Sein Herkunftsort konnte aber noch weiter eingegrenzt werden. Eine Analyse des Zahnschmelzes zeigte nämlich, dass er seine Kindheit nicht auf kalkhaltigem, sondern auf kristallinem Boden verbracht hatte, also möglicherweise im Vinschgau oder Eisacktal. Durch das Trinkwasser lagern sich Mineralien in den Zahnschmelz ein. Diese können Auskunft über den Lebensraum geben. Durch die Nähe des Fundortes der Mumie ist es nur ein kleiner Schritt zu Annahme, dass Ötzi zumindest einen Teil seines Lebens im Vinschgau verbracht hat. Es gibt mehrere Siedlungsspuren aus der Kupferzeit in der Umgebung. Der Landesarchäologe Dr. Hubert Steiner vermutet, dass Ötzi aus der Latscher Siedlung (Link: Latsch in der Kupferzeit) stammen könnte. „Vor allem durch die Untersuchung der Holzkohlenreste aus der Latscher Siedlung kann man neben der Rekonstruktion der Flora im näheren Umfeld auch einen Vergleich mit dem Eismann anstellen. Ebenso bietet sich ein Vergleich mit den Getreidefunden an. Die Latscher Siedlung ist die erste gesicherte kupferzeitliche Siedlung im Talboden des Vinschgaus, ansonsten handelt es sich stets um Einzelfunde (Ganglegg und Kalvarienberg, Tartscher Bichl, Laatsch-Oberberg, Marchriese, Eyrs, Laas, Kortsch-St. Laurentius, Hochgalsaun, Schloss Juval). Aufgrund der zeitlichen Übereinstimmung kann davon ausgegangen werden, dass Ötzi die Latscher Siedlung zumindest kannte. Bei einem Gang durch den Vinschgau musste er zwangsläufig dort passieren.“ 

The way across Giogo di Tisa connects the valleys to the north and south of the main Alpine ridge. Ötzi can only have climbed the pass from the north or from the south. The plant materials of the objects and artifacts that Ötzi carried with him as well as the remains in his stomach demonstrate that he lived to the south and not to the north of the main Alpine ridge. Cornelian cherries, for example, whose wood was used to produce his arrows, grow much more often to the south than to the north of the main Alpine ridge. His place of origin could be further delimited. An analysis of his enamel showed that he had spent his childhood on a crystalline area rather than on a chalky area and therefore maybe in Val Venosta or in Valle Isarco. Minerals from the drinking water build up in the enamel and can provide information about the habitat. Due to the proximity of Ötzi’s site of the find it’s just a small step to assume that Ötzi spent at least part of his life in Val Venosta. There are several settlement traces from the Copper Age in the surroundings. The provincial archeologist Dr. Hubert Steiner, however, supposes that Ötzi might have been from the Laces settlement (link: Laces in the Copper Age). „Especially the examination of the charcoal remains from the settlement in Laces can draw a comparison with the Iceman in addition to a reconstruction of the flora in the near surroundings. Another comparison can be made with the cereal finds. The settlement in Laces is the first confirmed settlement in Val Venosta’s valley floor. All others were single finds (Ganglegg and Kalvarienberg, Tarces Hill, Laudes-Oberberg, Marchriese, Oris, Lasa, Corces-St. Laurentius, Colsano Castle, Juval Castle). Given the coincidence in time, we can assume that Ötzi the Iceman at least knew the settlement in Laces. He must have passed the settlement in Laces when he crossed Val Venosta.“

Ötzis Ausrüstungsgegenstände auf dem Menhir von Latsch? // Is Ötzi’s equipment depicted on the Laces menhir?

Spannend ist die Übereinstimmung von einigen Gegenständen, die Ötzi bei sich trug, mit auf dem Menhir von Latsch abgebildeten Motiven, nämlich das Beil, der Dolch, sowie Pfeil und Bogen. Diese Ausrüstungsgegenstände gehören zum Motiv-Repertoire der Menhire der Etschtalgruppe. Möglicherweise hatten die Gegenstände nicht nur einen praktischen Nutzen, sondern waren auch Symbole für einen besonderen Status, für Macht oder Männlichkeit.

There is a striking similarity of the objects that Ötzi carried with him and the motifs depicted on the Laces menhir, namely axe, dagger, bow and arrow. This equipment is part of the motif repertoire of the menhirs of the Adige Valley group. These objects might not only have had a practical benefit but might also have been symbols of a special status, power or virility.

Ötzis Mord auf dem Menhir von Latsch? // Is Ötzi’s murder depicted on the Laces menhir?

Im Jahre 2001, also zehn Jahre nach der Auffindung des Mannes aus dem Eis, wurde die Mumie des Mannes aus dem Eis neuerlichen Untersuchungen unterzogen. Mit einem Röntgengerät nahm ein Team um den Radiologen Dr. Paul Gostner und der Pathologe Dr. Egarter Vigl die Mumie unter die Lupe und entdeckten Erstaunliches: In der linken Schulter des Mannes steckt eine Pfeilspitze! Kein Wissenschaftler vor ihnen hatte das Offensichtliche gesehen. Die Pfeilspitze ist aus Feuerstein, 27mm lang und 18mm breit. Sie wurde von den Forschenden nicht entfernt und steckt nach wie vor im Körper des Mannes aus dem Eis. Ötzi wurde also von einem Pfeil getroffen. Wurde er ermordet? Der Menhir von Latsch trägt auf seiner Rückseite ein ganz besonderes, geheimnisvolles Motiv: Zu sehen ist ein Bogenschütze, der auf eine andere Person zielt. Wird hier Ötzis Geschichte erzählt?

In 2001, and thus ten years after the Iceman’s discovery, Ötzi’s mummy underwent further examinations. A team around radiologist Dr. Paul Gostner and pathologist Dr. Egarter Vigl scrutinized the mummy with an X-ray unit and discovered something amazing: They found an arrowhead in his left shoulder! No scientist before them had seen the obvious. The arrowhead of flint is 27mm long and 18mm wide. It wasn’t removed by the scientists and can still be seen in Ötzi’s body. Ötzi was hit by an arrow. Was he murdered? There is a very special, mysterious motif on the backside of the Laces menhir: A bowman points his arrow at another person. Is this Ötzi’s story?


Figur mit gespanntem Bogen // Figure with drawn bow
Figur mit gespanntem Bogen // Figure with drawn bow


DEU